Allgemeines Verwaltungsrecht

Grundbegriffe

Was ist ein Realakt?

Ein Realakt (gesprochen Real-akt, nicht Rea-lakt!) ist eine tatsächliche Handlung einer staatlichen Behörde ohne Regelungswirkung (also eben ein realer Akt). Damit unterscheidet er sich vom Verwaltungsakt.

Was ist eine Allgemeinverfügung?

§ 35 Satz 2 VwVfG definiert die Allgemeinverfügung wie folgt:

Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Was ist ein Verwaltungsakt?

§ 35 Satz 1 VwVfG sagt:

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Verwaltungsermessen

Wann liegt ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung vor?

Ein Beurteilungsspielraum der Behörde liegt vor, wenn diese selbst eine Bewertung und Entscheidung des Sachverhalts vornehmen darf. Diesen Spielraum findet man in aller Regel bei Einzelfallentscheidungen.

Sind Beurteilungsspielräume gerichtlich überprüfbar?

Nein, da die Bewertung Sache der Behörde ist, nicht des Gerichts. Die Argumentation ist ähnlich der Ermessensentscheidung.

Welche unbestimmten Rechtsbegriffe gibt es?

Beispiele sind:

  • Eignung (§ 8 BBG)
  • gute Sitten (§ 33a GewO)
  • öffentliche Sicherheit und Ordnung
  • Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG)
Sind unbestimmte Rechtsbegriffe gerichtlich überprüfbar?

Ja, ob ein Sachverhalt dem Rechtsbegriff entspricht, kann das Gericht vollständig überprüfen. Es ist dabei nicht an die Auffassung der Behörde gebunden. Diese hat insbesondere kein Ermessen dahingehend.

Wann ist das Ermessen auf null reduziert?

Eine Ermessensreduzierung auf null ist gegeben, wenn ein an sich bestehendes Ermessen bei korrekter Abwägung nur noch zu einer korrekten Entscheidung führen kann.

Was ist eine Ermessensüberschreitung?

Bei der Ermessensüberschreitung wählt die Behörde eine Rechtsfolge, die im konkreten Fall überhaupt nicht vorgesehen ist.

Was ist ein Ermessenfehlgebrauch?

Beim Ermessenfehlgebrauch bemüht die Behörde unzulässigerweise Gesichtspunkte, die mit der zu treffenden Entscheidung nichts zu tun haben. Auch ein Außerachtlassen von Grundrechten stellt einen Fehlgebrauch des Ermessens dar.

Was ist Ermessensnichtgebrauch?

Bei einem Ermessensnichtgebrauch glaubt die Behörde irrtümlich, keinen Ermessensspielraum zu haben, sondern eine bestimmte Rechtsfolge zwingend festsetzen zu müssen.

Was ist eine konkludente Duldungsanordnung?

Bei einer konkludenten Duldungsanordnung werden insbesondere polizeiliche Maßnahmen in mehrere Teilakte aufgespalten, deren Grundlage die Anordnung ist, eine bestimmte staatliche Handlung zu dulden.

Was ist eine Ermessensunterschreitung?

Bei der Ermessensunterschreitung engt sich die Verwaltung selbst unzulässig ein. Sie lässt tatsächlich bestehende Entscheidungsmöglichkeit außer Betracht.

Was bedeutet Entschließungsermessen?

Beim Entschließungsermessen kann die Behörde entscheiden, ob sie überhaupt tätig wird.

Signalwörter: „kann“, „darf“

Wann steht der Verwaltung ein Ermessen zu?

Eine Ermessensentscheidung muss erfolgen, wenn die Behörde die Wahl zwischen mehreren möglichen Entscheidungen hat. Um die gerechte Entscheidung für den Einzelfall sicherzustellen, muss das Ermessen ausgeübt werden.

Gibt es ein Ermessen auf der Tatbestandsseite?

Nein, die Tatbestandsmerkmale müssen objektiv festgestellt werden. Erst auf Seite der Rechtsfolge kann dann ein Ermessen stattfinden. Der Tatbestand entscheidet also darüber, welche Rechtsfolgen möglich sind und damit der Ermessensentscheidung unterliegen.

Was sind die Funktionsgrenzen der Verwaltung?

Dabei handelt es sich um besondere Einschätzungsspielräume der Verwaltung, die einer gerichtlichen Kontrolle weitgehend entzogen sind. Konkret gehören hierzu:

  • Prüfungen und Leistungsbeurteilung, die vom Gericht nicht rekonstruierbar sind
  • pluralistisch zusammengesetzte Sachverständigengremien, deren Kenntnisse das Gericht nicht überbieten kann
  • Prognoseentscheidungen und Risikoabschätzungen in technischer Hinsicht
Was ist ein Verwaltungshelfer?

Als Verwaltungshelfer bezeichnet man Personen, die nicht Teil der Behörde und auch keine Beliehenen sind. Sie handeln auftragsgemäß und weisungsgebunden auf Anforderung der Behörde und helfen dieser bei ihren öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten. Ihr Handeln ist dann der Behörde zuzurechnen.

Zur Abgrenzung ist wichtig, dass der Verwaltungshelfer „gleich einem Werkzeug“ handelt, also kaum eigene Entscheidungsmöglichkeiten besitzt. Wird einem Verwaltungshelfer zu viel eigener Entscheidungsspielraum gegeben, so verliert er seine Eigenschaft als ausführendes Organ einer Behörden und wird Privater ohne öffentlich-rechtliche Befugnis. Seine Handlungen können dann insbesondere kein Verwaltungsakt mehr sein.

Was bedeutet Auswahlermessen?

Beim Auswahlermessen muss die Behörde irgendwie tätig werden, kann aber selbst wählen, wie sie tätig wird.

Signalwort: „oder“

Was bedeutet intendiertes Ermessen?

Beim intendierten Ermessen im Rahmen einer Entschließungs- oder Auswahlentscheidung wird dem Ermessen eine bestimmte Form der Ausübung vorgegeben. Hiervon kann aber abgewichen werden, wenn besondere Umstände dies gebieten.

Signalwort: „soll“

Was ist der Unterschied zwischen einer Behörde und einem Amt?

An sich gibt es keinen.

Der technische Begriff ist „Behörde“ – die VwGO und das VwVfG sprechen durchgehend von Behörden. Historisch werden aber viele Behörden (z.B. das Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt oder das Finanzamt) als „Amt“ bezeichnet. Ebenfalls als Amt betitelt man häufig fachliche Organisationseinheiten von Behörden, z.B. das Ordnungsamt, das Teil der Gemeindebehörde ist.

Was sagt der Vorrang des Gesetzes?

Behörden sind bei ihrer Tätigkeit an die Gesetze gebunden. Sie dürfen also nicht entgegen gesetzlicher Vorschriften handeln.

Was sagt der Vorbehalt des Gesetzes?

Eingriffe in Grundrechte bedürfen stets einer gesetzlichen Ermächtigung. Dabei muss es sich um ein „echtes“ formelles Gesetz, also um ein Parlamentsgesetz handeln. Materielle Gesetze, also untergesetzliche Rechtsnormen sind nicht ausreichend. Hier dürfen Behörden also nicht ohne gesetzliche Vorschriften handeln.

Was ist die Leistungsverwaltung?

Die Leistungsverwaltung ist der Teil der Staatsverwaltung, bei der der Staat dem Bürger nicht verbietend oder sonst anordnend gegenübertritt, sondern als Leistungsgewährer.

Beispiele: Vergabe von Subventionen, Sozialrecht

Gilt der Vorbehalt des Gesetzes auch für die Leistungsverwaltung?

Grundsätzlich ja.

Der Gesetzgeber muss die wesentlichen Entscheidungen über die Gewährung staatlicher Leistungen selbst treffen. Die genaue Ausgestaltung kann sich aber aufgrund weiter Rahmenbedingungen wie Richtlinien oder Haushaltsplänen ergeben, sodass die Verwaltung einen relativ weitgehenden Spielraum hat.

Wer kann an einem Verwaltungsverfahren beteiligt sein?

Die Vorschriften zur Beteiligtenfähigkeit sind in den §§ 11 bis 21 BayVwVfG niedergelegt. Sie ähneln im Wesentlichen denen im Verwaltungsgerichtsverfahren.

Wonach richtet sich die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde?

Die örtliche Behördenzuständigkeit ist in Art. 3 Abs. 1 BayVwVfG geregelt:

  • Nr. 1: nach der Lage des Grundstücks bzw. ortsgebundenen Rechts
  • Nr. 2: nach dem Tätigkeitsort
  • Nr. 3a: nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der natürlich Person
  • Nr. 3b: nach der Sitz der juristischen Person
  • Nr. 4: nach dem Ort des „Anlasses“ der Amtshandlung

Abs. 2 regelt dann noch Fälle der Kollision mehrerer Zuständigkeiten.

Wozu dient das Anhörungserfordernis (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG)?

Durch die Anhörung soll der Betroffene – naheliegenderweise – die Möglichkeit erhalten, seine Sicht der Dinge vorzubringen. Mehr noch: Erst dadurch wird er zum Subjekt des Verwaltungsverfahrens, nicht nur Objekt behördlicher Entscheidungen.

Diese Funktion sollte stets beachtet werden, wenn man entscheidet, ob die Anhörung möglicherweise gemäß Abs. 2 oder 3 entbehrlich war.

Das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren

Beteiligte eines behördlichen Verfahrens haben das Recht, die Akten des Amts einzusehen. Leider wird davon noch viel zu selten Gebrauch gemacht.

Im Verwaltungsverfahren besteht ein Recht des Beteiligten darauf, die Akten der Behörde in seinem Fall einzusehen. Dies ermöglicht es nachzuvollziehen, welchen Kenntnisstand die Behörde hatte und aus welchen Gründen sie zu einer Entscheidung gelangt ist. Dieses Wissen erlaubt es dem Bürger dann, darauf zu reagieren und seine Sicht darzustellen. Für die Wahrnehmung der eigenen rechtlichen Interessen ist diese „Waffengleichheit“ oft unabdingbar.

Mehr dazu finden Sie in meinem Fachartikel „Das Recht auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren“ bei anwalt.de.

Welche Verwaltungsverfahrensgesetze gibt es in den Ländern?

Nach welchem Gesetz die Landesbehörden handeln, ergibt sich aus dem Landesrecht. Die Verwaltungsverfahrensgesetze haben – von Schleswig-Holstein abgesehen – ähnliche Namen und ähnlichen Inhalte.

Im Einzelnen sind es die folgenden Gesetze:

  • Baden-Württemberg
    Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg
    LVwVfG
  • Bayern
    Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    BayVwVfG
  • Berlin
    Gesetz über das Verfahren der Berliner Verwaltung
    BlnVwVfG
  • Brandenburg
    Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Brandenburg
    VwVfGBbg
  • Bremen
    Bremisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    BremVwVfG
  • Hamburg
    Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    HmbVwVfG
  • Hessen
    Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    HVwVfG
  • Mecklenburg-Vorpommern
    Verwaltungsverfahrens-, Zustellungs- und Vollstreckungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesverwaltungsverfahrensgesetz)
    VwVfG M-V
  • Niedersachsen
    Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    NVwVfG
  • Nordrhein-Westfalen
    Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen
    VwVfG NRW
  • Rheinland-Pfalz
    Landesverwaltungsverfahrensgesetz
    LVwVfG
  • Saarland
    Saarländisches Verwaltungsverfahrensgesetz
    SVwVfG
  • Sachsen
    Gesetz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen
    SächsVwVfZG
  • Sachsen-Anhalt
    Verwaltungsverfahrensgesetz Sachsen-Anhalt
    VwVfG LSA
  • Schleswig-Holstein
    Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz)
    LVwG
  • Thüringen
    Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz
    ThürVwVfG
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